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Nachhaltiges Campen

„Jetzt mal erhlich: Ihr fahrt mit diesem großen ausgebauten Dieseltransporter ständig in Urlaub. Das ist nicht gerade nachhaltig, oder?“ So, oder so ähnliche Fragen haben gewiss bereits mehrere Camper erhalten. Meine kurze Antwort darauf lautet meist: „Ich verbauche auf Reisen maximal 15 Liter Wassser am Tag *, Strom erzeuge ich selbst, fahre vorort häufig mit ÖPNV oder Fahrrad, kaufe regional Lebensmittel, habe einen Dieselverbrauch von max. 10 Liter/100km und selbst das Gas zum Heizen ist ein Abfallprodukt von Raffinerien.“

Ja, dies ist eine Kurzantwort, die natürlich nicht der Komplexität des Themas nicht einmal ansatzweise gerecht wird, aber oft reichen erst einmal ein paar Grundinfos, um dem/der Fragesteller*Innen überhaupt die Chance zu geben die Frage zu überdenken.

Die Positiv-Seite

Eine vom Caravan Industrie Verbands e.V. und der Caravaning Informations GmbH 2020 beauftragte Studie vom ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH geht dieser Frage eindringlicher und fundierter auf den Grund. Martina Ehmen von GruenerCampen.de zieht aus der Studie ihr Fazit, das ich nur untersteichen kann.

Noch kürzer zusammengefasst, kann ich sagen: Wir sind nicht klimaneutral – nicht einmal nah dran – aber Camper, vor allem in einem Kastenwagen, fahren umweltfreundlicher in Urlaub als mit einem PKW, von Kreuzfahrten und Flugreisen ganz zu Schweigen.

Es wird leider häufig vergessen, dass Hotels keine gute Klimabilanz besitzen oder ein Wohnwagen ein Zugfahrzeug benötigt. Campingplätze haben eine bessere Bilanz, jedoch sind Stellplätze unschlagbar. Man könnte sagen je weniger Infrastruktur am Urlaubort benötigt wird, desto besser für die Umwelt. Überraschend für mich war, dass selbst Reisen mit der Anreise per Bahn nicht zwingend nachhaltiger sind. Das ist nur der Fall, falls der Aufenthalt länger ist. Der positive Effekt verstärkt sich noch je größer die Reisedistanz ist.

Ein wesentlicher Faktor ist natürlich der Dieselverbrauch, und da sind Kastenwägen gut im Rennen. In der Studie wurde eine Geschwindigkeit von 120Km/h auf der Autobahn angenommen. Dies unterschreiten wir persönlich deutlich, da unser Tempo bei 105 km/h liegt.

Zur Verbesserung der eigenen Bilanz kann also jeder Camper folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Fahre spritsparend. Reduziere das Gewicht und stelle sicher, dass Dein Fahrzeug effektiv und sicher läuft.
  • Vermeide sehr große Distanzen. Je weiter die Anreise, desto länger sollte der Aufenthalt sein.
  • Nutze vor Ort den ÖPNV oder benutze das Fahrrad.
  • Achte bei Camping-Plätzen auf Ihre Ökobilanz.

Weitere Maßnahmen wie etwa das Benutzen nachhaltiger Produkte, engergiesparendes Heizen und Kühlen oder Kauf regionaler Produkte sind gewiss Thema für einen weiteren Artikel, aktuell ging es mir hier nur um die Art des Reisens.

Wenn Ihr tiefer in das Thema einsteigen wollt, könnt Ihr die Studie gerne hier lesen, Ihr werdet überrascht sein. Und Gruenercampen.de bietet auch noch einige gute Tipps für Nachhaltigkeit.

Die Negtiv-Seite

Bei diesen Quellen werden mindestens drei Aspekte nicht bedacht:

  • Die Häufigkeit der Reisen:
    (In Bezug auf das eingangserwähnte „[…] ständig in Urlaub.“)
    Wir sind mindestens alle 3-4 Wochen mit unserem Reisemobil unterwegs. Würden wir das auch sein, wenn wir keinen Kastenwagen hätten? Ganz klares Nein!
  • Die Raumforderung eines Reisemobils:
    Der Verkehrsraum ist beschränkt und ein Kastenwagen oder ein Wohnmobil benötigen mehr Platz als ein PKW. Natürlich lässt sich hier anführen, dass Hotelanlagen + Parkplätze ganze Landstriche verschandeln, doch subjektiv stören Reisemobile andere Verkehrsteilnehmer bestimmt mehr als PKWs. Es lässt sich bestimmt vortrefflich über den Platzbedarf unterschiedlicher Reiseformen diskutieren. „Zwei Personen schlafen in einem größeren Auto auf einem Parkplatz“ versus „2000 Personen schlafen in einem sehr großen Haus mit mehreren Stockwerken“…
  • Fährreisen verschlechtern die Bilanz:
    Wir fahren nicht oft Fähren. Dennoch haben sie eine schlechte Umweltsbilanz, da sie oft noch durch Schweröl betrieben werden. Hier gibt es wiederum viele Faktoren (Dauer, Personenanzahl, usw…), die ich nicht überblicken kann.

Um echten Kritikern auch gleich zuvorzukommen: Die verlinkte Studie wurde von zwei Branchenverbänden in Auftrag gegeben. Die Emissionen wurden aufgrund des TREMOD Berechnungsmodell entnommen, das vom ifeu selbst entwickelt wurde und auch vom Umwelt Bundesamt benutzt wird. Da ich mir nicht anmaßen kann eine Studie und deren Verfahren auf Richtigkeit zu prüfen und einem Institut wie dem ifeu vertraue, sehe ich die Ergebnisse als Fakten.

Persönliches Fazit

Meine persönlichen Verbrauchsdaten und Verhalten weisen für mich auf eine nachhaltige Form des Reisens hin. Die Studie belegt dies ebenfalls zu großen Teilen. Wenn ich mein eigenes Verhalten und die Auswahl meiner Ziele bewusst wähle, kann ich den positiven Effekt noch deutlich verstärken.

Und ganz zum Schluss noch ein Fakt: Camper sind Naturliebhaber. Auch wenn (noch) nicht alle genug auf Nachhaltigkeit achten und es bestimmt Luft nach oben gibt, besitzen Camper ein offenes Ohr für diese Themen, wohingegen ich niemanden bei einer Kreuzfahrt oder Flugreise auf Umweltaspekte ansprechen würde…

* Das weiß ich mittlerweile sehr genau durch den Wasserdstandssensor.

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